Gegründet wurde das Buchstabenmuseum am 25. Mai 2015 von der in Berlin lebenden Österreicherin 
Barbara Dechant und ihrer Berliner Partnerin Anja Schulze. In der Zwischenzeit musste es schon einige Male übersiedeln, da es in den Räumlichkeiten immer wieder zu eng wurde. Das war eigentlich auch der Grund, warum das Buchstabenmuseum überhaupt gegründet wurde. Denn irgendwann platzten die Privatwohnungen der Buchstabensammlerinnen aus allen Nähten. Mittlerweile freuen sich nicht nur die Berliner, sondern auch zahlreiche Touristen über das originelle Design-Museum, das Buchstaben rettet – mit der Intension, Schriften und Zeichen aus verschiedenen Zeiten zu bewahren und deren Geschichten zu erzählen.

Barbara Dechant hat immer schon Buchstaben gesammelt und schließlich aus ihrem Hobby ein Museum in Berlin gemacht. In Anja Schulze fand sie eine kongeniale Partnerin, die selbst gerne alle möglichen Dinge sammelte, sich aber dann nur noch auf Buchstaben konzentrierte.

„Warum Buchstaben?“, könnte man sich jetzt fragen. Schon in Zeiten, da Barbara Dechant noch nicht lesen konnte, war die gebürtige Österreicherin fasziniert von den unterschiedlichen Formen und Kombinationen. Irgendwann, als sie schon längst lesen konnte, begann sie dann wieder, die Buchstaben mit Kindesaugen zu sehen. Sie blättert oft Bücher oder Zeitschriften bewusst durch, ohne deren Informationen aufzunehmen. „Ich konzentriere mich nur auf das Zeichen und schaue, was es vermittelt. Das Zeichen selbst ist so interessant und auch die Kombinationen der Formen sind faszinierend. Vor allem, wenn es sich noch dazu um alte, verschnörkelte Buchstaben handelt“, schildert Barbara Dechant.

Schrift-Bilder

Jedoch ganzheitlich betrachtet, vermitteln Buchstaben oder Logos hochwertige Information aus längst vergangenen Tagen und wecken oft schöne Kindheitserinnerungen. Viele Schriften und Logos kennt man aus der Kindheit. Sei es von der Bäckerei, in der täglich frisches Brot geholt wurde, oder von einem Produkt, das man gegessen, getrunken oder dessen Werbung auf den Häusern gesehen hat. „Irgendwann sind alle diese Zeichen verschwunden. Was man nicht sieht, vergisst man. Deswegen lösen alte Zeichen, die man plötzlich bei uns im Museum wiedersieht, große Emotionen aus“, erklärt Barbara Dechant.

Jeder Buchstabe hat letztlich seine eigene Geschichte und Seele. Gesammelt werden alle Buchstaben aus unterschiedlichen Zeiten und in verschiedensten Größen. Logos, Verkaufsschilder, riesige Leuchtschriften aus den 70er-Jahren, Hotelnamen, Buchstaben von Straßenbezeichnungen oder ein riesengroßes „P“ vom ehemaligen Schriftzug (in diesem Zusammenhang ein witziges Wort) des Berliner Hauptbahnhofs. Das „P“ war auch der Auslöser, das Buchstabenmuseum zu gründen. Denn als dieses Riesenteil ins Haus stand, war es vorbei mit dem Platz in den eigenen vier Wänden. „Für uns stellte sich die Frage: Hören wir auf oder machen wir weiter?“, so Anja Schulze. „Wir haben weitergemacht, aber es musste eine sinnvolle Lösung her.“

Highlights im Buchstabenmuseum

Nicht so groß wie das „P“, aber umso prominenter ist das „E“ aus dem 
Kinofilm „Inglourious Basterds“ von Quentin Tarantino. Aus jener Szene, in der ein Kino gesprengt wurde, blieb ein einziges „E“ vom Filmtitel etwas ramponiert, aber doch ganz zurück. Dieses hat nun seinen eigenen Platz im Rampenlicht des Museums.

Die Buchstaben vom Berliner „Grand Hotel“ standen früher auch einmal im Rampenlicht. Umso interessanter, dass man im Buchstabenmuseum auf mit Pflanzen verwilderte Buchstaben trifft. „Wir haben das absichtlich so gelassen, weil es schön zu sehen ist, was die Zeit im Außenbereich mit den Buchstaben gemacht hat. Früher war das Grand Hotel das tollste Hotel in Berlin und nur die High Society hat dort verkehrt und bei uns endet das Hotel mit all seinen Schrammen und Zeichen der Zeit“, erklärt Anja Schulze und freut sich, dass das Buchstabenmuseum sogar Buchstaben aus dem Schwimmbad aufbewahrt, in dem sie selbst als Kind schwimmen gelernt hat.

Zeichen setzen

Da viele alte Schriften zunehmend aus dem öffentlichen Raum verschwinden, vermitteln die ausgestellten Buchstaben nicht nur emotional, sondern auch technisch gesehen Informationen über Stile, Bauweisen und Herstellungstechniken verschiedener Epochen. Neon-Leuchtschriften, wie sie in den 70ern modern waren, sind mittlerweile kaum noch zu sehen. „Bei uns im Museum sind Schriften nicht als Schrift zu sehen, sondern wie sie gebaut wurden, also umgesetzt in die dritte Dimension. Da gab es eine wirklich sehr krasse Veränderung. Früher wurden -diese mit einem Metallcorpus und oft außen liegenden leuchtenden Neonröhren gebaut. Heutzutage sind es im schlimmsten Fall Acrylkästen, die mit schlecht bedruckten Folien beklebt werden.

Mittlerweile gibt es aber einen Trend zurück zu diesen alten Bautechniken“, freut sich die Expertin. „Die Schriften stehen für bestimmte Epochen und Designs und das wollen wir hier bewahren“, so Anja Schulze. Dabei sollen die Buchstaben ganz aus der Nähe wahrgenommen und angefasst werden und – aus ihrer ursprünglich herausgenommenen Funktion – wieder neu wahrgenommen werden. Für alle weltweit begeisterten Buchstabenfans gab es nun pünktlich zum Zeitpunkt des Jubiläums die Eröffnung des Onlineshops typothings.de, der vom Buchstabenmuseum Berlin, Drucken3000 und Slanted Publi-shers gemeinsam ins Leben gerufen wurde. Die Idee dahinter ist, einen weltweiten Marktplatz zu schaffen, bei dem Typo-Enthusiasten sich international miteinander verbinden und Buchstaben kaufen oder verkaufen können.

Österreich: Projekt Stadtschrift

Das Projekt „Stadtschrift“ in Österreich widmet sich ebenfalls der Bewahrung historischer Schriftzüge und Neonreklamen aus dem Stadtbild, die aufgrund von Abriss, Umbau oder Geschäftsaufgaben verschwunden sind. Ziel ist es, diese kulturellen Zeugnisse zu retten, zu restaurieren und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, um so ein Bewusstsein für die Bedeutung dieser Objekte als Teil des kulturellen Erbes und der visuellen Identität der Stadt zu schaffen.

Zoë-Interview zum zehnjährigen Jubiläum, Berlin 2015

Infos:
buchstabenmuseum.de

stadtschrift.at

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